… Verzweiflung die andere Hälfte
Dieses Mal widme ich mich einem eher neutralen Thema − welches mir als Jungfraugeborene − doch sehr am Herzen liegt. Vor allem weil es eine super Möglichkeit ist, zu prokrastinieren, indem man einen Blog−Eintrag schreibt, statt endlich die Ärmel hochzukrempeln und anzufangen.
Es könnte alles so einfach sein, doch oft fangen wir gar nicht erst an, weil wir uns vor dem großen Ganzen fürchten. Motivation kommt übrigens oft dann, wenn man einfach anfängt − egal wo. Ich habe diesen Prozess nach meiner Trennung zum Glück schon gut durchgezogen und mich von vielen Dingen verabschiedet und lebe nun nicht mehr wie ein Schwein im eigenen Dreck. Auch ist es leichter die Wohnung geputzt zu halten, wenn man nicht damit beschäftigt ist 10 Jahre lang aufräumen zu müssen.
Vielleicht auch ein Projekt von euch mal wieder auszumisten?
Ich bin mir sicher, dass viele während des Lockdowns bereits mit dem Großputz begonnen haben. Dieser Artikel ist daher für die von euch,
✗ die nie fertig wurden,
✗ denen die Kraft und Motivation gefehlt hat,
✗ die das Gefühl haben, es könnte besser sein
✗ und natürlich auch für die, die nie aufräumen werden,
(aber zumindest so tun wollen, als würden sie je damit beginnen).
Ich erhebe übrigens nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn jemand von euch andere Methoden kennt, was sicher eine Menge sein wird, schreibt es mir gerne in die Kommentare, aber nur wenn sie auch bei euch funktioniert haben. Ich werde selbst nämlich nur die Dinge erwähnen, die bei mir auch tatsächlich sichtbare Ergebnisse brachten.
Minimalimus
Dieses Thema ist wahnsinnig umstritten und jeder widerspricht sich gegenseitig. Für einige ist Minimalismus, wenn sie nicht mehr als einen Gegenstand besitzen, für andere die Fähigkeit, jeden Tag 1 bis 3 Dinge wegzuschmeißen und für andere einfach nur alles geradlinig auszurichten.
Anfangs habe ich mich sehr viel damit beschäftigt und fand das Konzept sehr interessant. Das Problem ist nur, dass es nicht glücklich macht.
Menschen die anfällig für Religionen sind, mag es zwar einen guten Ersatz bieten, aber für mich war der Fanatismus des „Ja−nur−nichts−besitzens“ sogar als Teilzeit−Kommunisten unerträglich. Denn ja, ich habe grundsätzlich die Möglichkeit einfach Wasser aus dem Hahn zu trinken, mit einem Glas ist das aber einfach schicker. Ich höre schon den wütenden Mob schreien, dass ich wohlstandsverwahrlostes Etwas Wasser verschwende, weil ich dann das Glas abwaschen muss, aber hey, ich stehe zu diesem Luxus.
Und klar kann Verzicht einen heilenden Effekt haben. Der gänzliche Prozess des Loslassens hat eine reinigende Wirkung auf die Seele. Nur wenn es dann zu einem Zwang, respektive zu einer Sucht wird, hat es weniger mit Heilung und Glücklichsein zu tun, als mit plumpen Fanatismus, um sich seine eigenen kruden Verhaltensweisen schönzureden.
Does it spark joy?
Ich denke jeder hat schon einmal von Marie Kondo gehört, ist schließlich schon ein super alter, verstaubter Hut am Dachboden, der dort nur rumkugelt, weil du das Buch zwar gelesen, aber nie (richtig) angewandt hast. Vielleicht ist er aber bei dir tatsächlich zusammengefaltet im Schrank verstaut.
Für den unglaublichen Fall, dass du sie nicht kennen solltest: Marie Kondo ist eine Japanerin und ihr Ikigai ist es Chaos in Ordnung zu verwandeln. Ihre Herangehensweise ist für mich persönlich atemberaubend, für andere wohl eher schräg. Die Idee den Raum „aufzuwecken“, die Gegenstände „aufzurütteln“ und zum Leben erwachen zu lassen, beim Trennen eines Gegenstandes Dank an diesen auszusprechen, etc., ist für mich äußerst ansprechend und stammt vermutlich aus dem Shintoismus. Ich glaube zwar nicht daran, dass Dinge wirklich Götter innewohnen haben, aber das Verhältnis zu den Gegenständen ändert sich mit der Betrachtungsweise. Wenn ich mich bei einem Gegenstand bedanke, so denke ich nicht an einen Gott der darin sitzt, sondern an die Erinnerung, an die Zeit, in der dieser mich auf meinem Weg begleitet hat. Es ist einfach etwas loszulassen, wenn man damit abgeschlossen hat. Dankbarkeit kann ein Weg sein, um mit Dingen abzuschließen. Selbstverständlich ist das nicht immer leicht und manchmal sogar gar nicht möglich. Für mich war ihr Buch aber doch ein Schritt in die richtige Richtung, denn plötzlich ging es nicht mehr um den Zwang, alles loswerden zu müssen, sondern darum, das Pferd von der anderen Seite aufzuzäumen, nämlich, zu überlegen, was man behalten will. Und auch hier passt das Zitat, welches ich bereits im letzten Beitrag teilte:
»Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.«
~ Antoine de Saint-Exupéry
Und auch hier gilt es wieder, nicht extrem zu werden. Ein Sessel mag einem zwar keinen übermäßigen „joy“ bringen, aber keinen zu besitzen − wenn man es nicht beliebt am Boden zu dinieren − bringt wohl noch weniger „joy“.
Auch wenn ich empfehlen würde ihr Buch, beziehungsweise, für lesefaule, und/oder Manga−Liebhaber, ihren Manga zu lesen, werde ich hier kurz auf die KonMari−Methode eingehen. Laut ihrer Meinung nach, sollte man nämlich nicht per Zimmer, sondern nach Kategorie aufräumen, was ziemlich logisch ist, da man gerne in jedem Zimmer von einer Kategorie Dinge verstaut hat. Wenn man nun alles von einer Kategorie auf einem Haufen auftürmt, wird einem richtig schlecht, was einen ersten heilenden (Lern-)Effekt hat. Nämlich WIE VIEL man verdammt noch mal eigentlich besitzt.
Die Kategorien und ihre Reihenfolge:
2. Bücher
3. Papiere
4. Kleinkram
5. Erinnerungsstücke
Der Grund für die Reihenfolge ist einfach die, dass jedes höhere Level schwieriger wird. Kleidung geht einfach am schnellsten und man bekommt da einfach schon ein Gefühl dafür. Ich muss aber sagen, dass ich 3. viel leichter empfand als 2., weil ich zu Papierkram nicht die gleiche Bindung habe wie zu Büchern.
Wie gesagt, ist mir klar, dass es einige gibt, die damit nichts anfangen können, aber diejenigen werden wohl kaum auf meinen Blog stoßen, weil *husthust* es geht um magic cleaning, aber für alle die an Koprophilie leiden, ist das Buch von Karen Kingston empfehlenswerter. Sie spricht zwar von Feng Shui, aber in ihrem Buch fehlt es an jedem Zauber und an jeder Magie die einem das Aufräumen als Lebenseinstellung (wie man auch bei der Ernährung sich umstellen muss, wenn der Effekt anhaltend bleiben soll) vermittelt. Dafür hat sie mir Magenverstimmungen beschert indem mir die gute Dame zu sehr ins Detail ging wie sie in ihren Augen richtig scheißt und auch der Welt ziemlich aggressiv vermitteln will, wie man denn richtig zu scheißen hat. Da ich ein Buch über das Thema „ausmisten/aufräumen“ haben wollte, flog es auch als erstes hinaus, was ich bis heute nie bereute. 😉
Gib den Dingen ein Zuhause
Ich bin mir nicht mehr sicher, ob das auch im Buch Magic Cleaning vorkam, weil ich diese Philosophie schon länger kenne. Aufräumen geht nämlich weitaus leichter, wenn jedes Ding seinen rechtmäßigen Platz hat. Schließlich spart man sich die Zeit, in der man sonst überlegen und probieren muss, wo man das Teil noch mühevoll dazustopfen könnte. Was auf alle Fälle in ihrem Buch vorkam, war die Idee, Dinge aufzustellen, statt sie zu stapeln. Es sieht dann nicht nur übersichtlicher aus, sondern es kann auch nichts unter anderen Gegenständen mehr „begraben“ werden, wodurch man diese nicht mehr finden kann.
Du wirst bemerken, umso länger Dinge einen festen Platz haben, umso seltener musst du diese suchen und umso mehr Ordnung wird herrschen. Oft wird einem auch dadurch bewusster, zu welchen Gegenständen man immer und zu welchen gleichwertigen Gegenständen man vielleicht nie greift, womit man wieder aussortieren kann. Und das alles ganz ohne den Zwang Gegenstände suchen zu müssen die man wegschmeißt, um sie dann nachher verschämt erneut kaufen zu müssen. Ja, das ist mir schon passiert, weil ich auch mal in eine Minimalismusfalle tappte. Die Wahrheit liegt eben halt oft in der Mitte und in keinem Extrem, was zu meiner Philosophie für alles wurde.
Und das obwohl wir wissen: Nichts ist wahr, alles ist erlaubt. Probiere aus was Du für spannend hältst, lasse weg, was in Deinen Augen absoluter Humbug ist. Du bist ein freier Mensch, entscheide selbst.